Alle Artikel mit dem Schlagwort: Wirtschaftswachstum

Griechenlands angeblicher Aufschwung

Den Wiwo-Artikel „Griechenland schuftet fürs Comeback“ wie auch einige andere positive Berichte über das Land in letzter Zeit mag ich nicht unkommentiert lassen. Das fängt schon mit der Frage an, wer bitte schön bei einer Arbeitslosenquote von 27% überhaupt noch schuften darf in Griechenland. Als Wiwo-Schreiber interviewen wir aber besser keine Arbeitslosen, die können wir mit dem Satz abhaken: „Streiks und gewaltsame Proteste sind weitgehend abgeebbt.“ Besser, wir lassen den griechischen Ministerpräsidenten Samaras zu Wort kommen: „Jene, die noch vor einem Jahr auf Griechenlands Abschied vom Euro wetteten, setzen jetzt auf den Erfolg des Landes.“ Okay, Ministerpräsident Samaras macht also seinen Job und zu diesem Job gehört es, optimistische Reden zu halten. Eine Meldung ist das nicht unbedingt wert; zumal die griechische Regierung bereits verstärkt seit Anfang des Jahres versucht, die Lebensgeister der griechischen Wirtschaft zu beschwören. Siehe „Griechenland hofft auf Ende der Rezession“ vom Handelsblatt Anfang April oder „Griechenland hofft auf Wachstum“ von der Süddeutschen im Januar. Manche vorgetragenen Fakten, die den Optimismus unterstützen sollten, entpuppten sich in der Vergangenheit außerdem als Nullnummer. So …

Konsequenzen eines Excel-Fehlers: Revision und Rechtfertigung

Auf meinen Beitrag zum Rechendesaster von Rogoff und Reinhard gab es zahlreiche Reaktionen. Ich möchte auf sie eingehen, in dem ich meine Position weiterentwickle und dadurch hoffentlich klarer mache. So habe ich unglücklicherweise einen sarkastischen Ausbruch bei Stefan Sasse provoziert: Staatsschulden machen irgendwann irgendwie irgendwem Probleme, aber wir können keinerlei Aussage darüber machen, wie genau alles zusammenhängt, außer dass es manchmal funktioniert, mit hohen Staatsschulden Wachstum zu generieren, und manchmal selbst mit moderaten Staatsschulden kein Wachstum entsteht? Wahnsinn. … Das sind Erkenntnisse, die geradezu einen Freifahrtschein für alle Ökonomen darstellen. Sie haben einfach immer Recht. Nein, Stefan, das wollte ich überhaupt nicht sagen. Im konkreten Fall bin ich auch sehr wohl der Meinung, dass Rogoff und Reinhard Unrecht hatten mit ihrer Behauptung, eine Staatsverschuldung von über 90 % des BIPs führe in der Regel zu geringem Wirtschaftswachstum. Diese ihre These wurde nun widerlegt. Aber man sollte – das ist auch meine Meinung – trotzdem nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Dass eine konkrete wissenschaftliche Hypothese sich als falsch herausgestellt hat, heißt noch lange nicht, …

Konsequenzen eines Excel-Fehlers

Zwei prominente Ökonomen, Carmen Reinhard und Kenneth Rogoff, wurden eines Excel-Fehlers in ihrer ebenso prominenten Studie „Growth in a time of debt“ überführt. Und nun? Die magische Zahl ist verschwunden, die magischen 90 %. Ab einer Schuldenquote von 90 %, so glaubten Reinhard und Rogoff ursprünglich herausgefunden zu haben, sinke das Wirtschaftswachstum eines Staates. Das lässt sich so nun nicht mehr halten. Auch für die Medien, die sonst nie über ökonomische Forschung berichten, ist das ein gefundenes Fressen. So steht laut SPON nun Europas Sparpolitik in Frage. Dass sich zudem Keynesianer wie Heiner Flassbeck oder Albrecht Müller ereifern, versteht sich von selbst. Wer glaubt, Schuldenmachen sei ein wichtiges Mittel, um die Wirtschaft zu stimulieren, dem war eine feste Obergrenze wie die 90-%-Quote ein Dorn im Auge. Dass es magische Zahlen in der Ökonomie nicht gibt, hätte aber auch vor Bekanntwerden des Excel-Fehlers klar sein müssen. Dazu ist Ökonomie zu komplex. Umgekehrt ist staatliche Verschuldung durch den Fehler keineswegs rehabilitiert. Selbst Rogoff-Kritiker Paul Krugman (den die Nachdenkseiten dankenswerterweise ins Deutsche übersetzt haben), gibt zu: „Es gibt …

Mal etwas Optimismus in der Eurokrise

Die letzten Wirtschaftsprognosen der Europäischen Kommission vom letzten Herbst kann man als optimistisch bezeichnen. Doch es spricht meiner Meinung nach einiges dafür, dass im Gegensatz zu bisher nun die Optimisten recht behalten. Konkret glaubt die Europäische Kommission an ein Wirtschaftswachstum in der Eurozone von 0,1% in diesem Jahr und von 1,4% im nächsten Jahr. Die OECD ist leicht pessimistischer: -0,1% dieses Jahr, 1,3% nächstes Jahr. Für diejenigen, die es interessiert, habe ich zudem die Prognosen für wichtige Einzelländer herausgesucht: Staat Prognose Kommission 2013 Prognose Kommission 2014 Prognose OECD 2013 Prognose OECD 2014 Belgien +0,7% +1,6% +0,5% +1,6% Deutschland +0,8% +2,0% +0,6% +1,9% Finnland +0,8% +1,3% +1,1% +2,2% Frankreich +0,4% +1,2% +0,3% +1,3% Griechenland -4,2% +0,6% -4,5% -1,3% Irland +1,1% +2,2% +1,3% +2,2% Italien -0,5% +0,8% -1,0% +0,6% Niederlande +0,3% +1,4% +0,2% +1,5% Österreich +0,9% +2,1% +0,8% +1,8% Portugal -1,0% +0,8% -1,8% +0,9% Slowakei +2,0% +3,0% +2,0% +3,4% Spanien -1,4% +0,8% -1,4% +0,5% Tatsächlich deuten inzwischen einige Frühindikatoren an, dass die augenblickliche Rezession in einigen Eurostaaten schon wieder zu Ende geht. Mit den Frühindikatoren meine ich …

Wirtschaftswachstum mal langfristig (2001-2011)

Das Netz ist zwar voll mit Zahlen, selten findet man jedoch langfristige Daten aufbereitet. Meine internationalen Vergleiche zum langfristigen Wirtschaftswachstum sind da eine Ausnahme und locken entsprechend viele Nutzer an. Hiermit gibt es eine Neuauflage. Achtung! Dieser Artikel ist veraltet. Es gibt einen aktualisierten und erweiterten Artikel: Wirtschaftswachstum und Lebensstandard langfristig gesehen (2004-2014)

Die Eurozone wächst auseinander

Es ist immer wieder verblüffend, wie schnell die offizielle Eurorhetorik zusammenbricht, wenn man nur ein paar einfache Daten analysiert. So wird häufig behauptet, dank des Euros wächst Europa zusammen. Auch Angela Merkel sagte z.B. auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos, Europa wachse in der Krise zusammen. Wenn damit aber gemeint ist, dass sich die nationalen Volkswirtschaften der Eurozone immer mehr in einem Gleichklang bewegen und sich ihre Wachstumsraten immer mehr aneinander annähern, dann sieht die Wahrheit (leider) anders aus. Ich habe mir mal auf den Eurostat-Seiten die Zahlen zum Wirtschaftswachstum der Jahre 2000-2011 in der Eurozone herausgesucht. Meine Frage war: Haben sich die Wachstumsraten in den verschiedenen Staaten aneinander angenähert? Hier die Rohdaten über das Wirtschaftswachstum: Jährliches Wirtschaftswachstum in % 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Euro-17 3,8 2,0 0,9 0,7 2,2 1,7 3,3 3,0 0,4 -4,3 1,9 1,5 Belgien 3,7 0,8 1,4 0,8 3,3 1,7 2,7 2,9 1,0 -2,8 2,3 1,9 Deutschland 3,1 1,5 0,0 -0,4 1,2 0,7 3,7 3,3 1,1 -5,1 3,7 3,0 Irland 9,3 4,8 5,9 4,2 …

Wachstum!?

Ein paar Gedanken zur Krisenlösung durch Wirtschaftswachstum Ok, jetzt habe ich’s geschnallt. Wir haben kein Staatsschuldenproblem, kein Europroblem und noch nicht einmal ein Bankenproblem. Wir haben ein Wachstumsproblem, ein Wirtschaftswachstumsproblem. Man könnte sogar von einer Wirtschaftswachstumskrise sprechen, so groß ist das Problem mit dem Wirtschaftswachstum. Das behaupten auch die Finanzmärkte. Dort spricht man auch von einer Wirtschaftswachstumskrise. Natürlich, die Finanzmärkte selbst können nicht sprechen, dafür haben sie ja die Marktanalytiker, die ihrerseits von Reportern der Neuen Züricher Zeitung befragt werden. Marktanalytiker, das ist ein angesehener Beruf mit einer langen Tradition. Schon die alten Römer kannten den Haruspex, einen Priester, der aus den Eingeweiden der Opfertiere den Willen der Götter lesen konnte. Wie aber auch die antiken Orakel, so äußern sich auch die modernen vieldeutig und interpretationsbedürftig. Wachstum schön und gut, aber wie? Unvergessen, die Heerschar von Deutschen, die nach Studium eines Griechenland-Urlaubsprospekts und nach Analyse von Fotos griechischer Landschaften unter Azurhimmel den Griechen empfahlen, es mal mit Sonnenenergie zu versuchen. So etwas ist nicht falsch und darum nennt man es stattdessen graue Theorie. Andere wiederum …

Wirtschaftswachstum mal langfristig (2000-2010)

Der Blick auf langfristige Entwicklungen kann manche Irrtümer gerade rücken. Darum habe ich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für 25 Staaten im Zehnjahreszeitraum 2000-2010 berechnet. Achtung! Dieser Artikel ist veraltet. Es gibt einen aktualisierten und erweiterten Artikel: Wirtschaftswachstum und Lebensstandard langfristig gesehen (2004-2014)

Aufschwung ohne Ende?

Nach fünf Monaten Wirtschaftswurm-Blog ist es endlich einmal an der Zeit, den Namen des von Amts wegen zuständigen Ministers zu erwähnen: Es ist Rainer Brüderle. Zu seinen Pflichtaufgaben als Bundeswirtschaftsministers gehört insbesondere der Optimismus. Brüderle steht in dieser Hinsicht zur Zeit sogar in doppelter Pflicht: Schließlich ist Wahlkampf und seine FDP dümpelt in Umfragen bei kläglichen 3 %. Allerdings sollte auch Optimismus nicht allzu dümmlich daherkommen. Dann wird er unglaubwürdig. Und wenn Brüderle vom „Aufschwung ohne Ende“ redet, hat er diese Hürde eindeutig gerissen. Noch peinlicher ist nur, dass auch eine Zeitung wie die Frankfurter Rundschau das Geplapper des Weinkenners unkritisch wiedergibt. Okay, ein kurze Google-Suche zeigt, dass die FR hier nur einen Agenturtext online gestellt hat, der sich auch auf den Seiten verschiedener deutscher Tageszeitungen wiederfindet. Ob das die Sache besser oder schlechter für die FR macht, mag jeder Leser selbst entscheiden. Immerhin findet man auf den Nachdenkseiten auch einen kritischen Kommentar. Unter der Überschrift „‚Aufschwung XXL’-Kampagne geht weiter“ legen die Autoren die Finger in die richtigen Wunden. Zumindest weitgehend.  Denn dass sie das Wachstum …

Wirtschaftswachstum mal langfristig

Als Wirtschaftswurm lebe ich ja in einer Welt der Zahlen: die Arbeitslosenzahlen vom Oktober, die Außenhandelszahlen des dritten Quartals, Daten über die Industrieproduktion oder die Staatsschulden, dazu jeden Tag neue Wechselkurse. Und schließlich die Zahl der Zahlen, das Bruttoinlandsprodukt (kurz BIP) oder frei nach Tolkien im „Herr der Ringe“: Die Zahl sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. Die Wirtschaftsmedien quillen über vor Zahlen. Veröffentlicht werden Monats- und Quartalszahlen, manchmal auch Jahresdaten. Doch bei langfristigen Daten herrscht Fehlanzeige. Auch im Internet ist es schwer, langfristige Zahlen selbst über das Bruttoinlandsprodukt zu finden. Wer langfristig denken will, muss sie darum selbst ausrechnen. Und das habe ich gemacht. Achtung! Dieser Artikel ist veraltet. Es gibt einen aktualisierten und erweiterten Artikel: Wirtschaftswachstum und Lebensstandard langfristig gesehen (2004-14) Ich habe für die 25 Staaten mit der größten Wirtschaft (dem größten BIP in US-$ 2009) das Bruttoinlandsprodukt des vergangenen Jahres, also 2009, mit dem von 1999 verglichen.  Grundlage waren die Daten des IWF. Ausgerechnet habe ich die 10-Jahres-Wachstumsrate 1999-2009 und herausgekommen ist …