Wirtschaftswurm-Blog

Aufschwung ohne Ende?

Nach fünf Monaten Wirtschaftswurm-Blog ist es endlich einmal an der Zeit, den Namen des von Amts wegen zuständigen Ministers zu erwähnen: Es ist Rainer Brüderle. Zu seinen Pflichtaufgaben als Bundeswirtschaftsministers gehört insbesondere der Optimismus. Brüderle steht in dieser Hinsicht zur Zeit sogar in doppelter Pflicht: Schließlich ist Wahlkampf und seine FDP dümpelt in Umfragen bei kläglichen 3 %.

Allerdings sollte auch Optimismus nicht allzu dümmlich daherkommen. Dann wird er unglaubwürdig. Und wenn Brüderle vom „Aufschwung ohne Ende“ redet, hat er diese Hürde eindeutig gerissen. Noch peinlicher ist nur, dass auch eine Zeitung wie die Frankfurter Rundschau das Geplapper des Weinkenners unkritisch wiedergibt. Okay, ein kurze Google-Suche zeigt, dass die FR hier nur einen Agenturtext online gestellt hat, der sich auch auf den Seiten verschiedener deutscher Tageszeitungen wiederfindet. Ob das die Sache besser oder schlechter für die FR macht, mag jeder Leser selbst entscheiden.

Immerhin findet man auf den Nachdenkseiten auch einen kritischen Kommentar. Unter der Überschrift „‚Aufschwung XXL’-Kampagne geht weiter“ legen die Autoren die Finger in die richtigen Wunden. Zumindest weitgehend.  Denn dass sie das Wachstum 2010 in Zusammenhang mit der geringen Zahl an Feiertagen in diesem Jahr zu bringen, ist natürlich Unsinn. Schließlich würden die Autoren der Nachdenkseiten selbst nicht glauben, zur Ankurbelung der Wirtschaft müssten Feiertage gestrichen werden.

Wichtig sind dagegen ein paar andere Punkte: Der Aufschwung geht abermals mit einem steigenden Leistungsbilanzüberschuss einher. Das heißt nichts anderes, als dass das Ausland unsere Exportgüter auf Pump kauft. Das wird auch dieses Mal nicht dauerhaft gut gehen. Das ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell.

Dies gilt umso mehr, als das Wirtschaftswachstum in unseren Abnehmerländern auf tönernen Füßen steht. Chinas Wirtschaft ist im letzten Jahrzehnt um 166 % gewachsen. Kann das nachhaltig sein? Einige Eurostaaten kriseln und müssen sparen. Sie werden wahrscheinlich den gegenwärtigen Konjunkturzyklus verschlafen.

Auf den Nachdenkseiten nicht erwähnt, aber nicht zu vergessen sind die steigenden Rohstoffpreise. Sie haben das Potenzial eine neue Krise auszulösen. Auf jeden Fall ziehen sie Nachfrage von den deutschen Exportgütern ab.

Herr Brüderle sollte uns nichts vormachen. Der Aufschwung 2010 beruhte vor allen Dingen auf den Nachwirkungen der beiden Konjunkturprogramme und einem Nachholeffekt. Viele Aufträge, insbesondere für Industrieausrüstungen, wurden in der Wirtschaftskrise storniert, nur um dann ein gutes Jahr später herauszugehen.

Beide Effekte werden aber 2011/12 auslaufen. Und dann? Nun, ich persönlich versuche mich abzusichern. In der nächsten Wirtschaftskrise soll zumindest mein Weinkeller gefüllt sein. Darum habe ich Herrn Brüderle geschrieben und ihm eine Wette vorgeschlagen. Hier der Wortlaut der E-Mail:

Sehr geehrter Herr Brüderle,

aus Anlass der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts 2011 werden Sie in der Presse mit dem Ausdruck zitiert: „Aufschwung ohne Ende“. Dies verwunderte mich angesichts der großen Risiken, denen die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zur Zeit gegenübersteht. Da sind die steigenden Rohstoffpreise, die Krise in einigen Euroländern und die Unsicherheit darüber, ob das starke Wachstum in Schwellenländer wie China dauerhaft sein kann. Angesichts dieser Risiken möchte ich Ihnen gerne eine Wette anbieten: Auch dieser Aufschwung wird wie alle vorhergehenden einmal enden. Die nächste Wirtschaftskrise kommt bestimmt.
Ich würde mich freuen, wenn Sie zu Ihrem Wort stehen und dagegen halten. Als Wetteinsatz schlage ich zehn Flaschen deutschen Spitzenweins vor, die Auswahl der Marke überlasse ich dabei gerne Ihrem viel gerühmten Weingeschmack.

Mit freundlichen Grüßen

Wirtschaftswurm

Über die Antwort (sofern eine kommt) werde ich selbstverständlich meine Leser unterrichten.


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